Führung zum Weinberg bei Unterweid – ein markantes Rhöner Naturjuwel mit bewegter Geschichte

Blick vom Weinberg nach Unterweid. Im Vordergrund sind einzelne Kalkfelsen sowie die hier zahlreich vorhandenen Fruchtstände der Küchenschelle zu sehen. Die steilen südwestexponierten Hänge dauerhaft offen zu halten, stellt eine besondere Herausforderung dar

Luftbildaufnahmen des Weinbergs von 1945 (r.) und 2022 (l.). Der Weinberg ist heute deutlich stärker bewaldet als noch vor ca. 100 Jahren. Durch das Naturschutzgroßprojekt bietet sich die Chance, die wertvollen Offenlandlebensräume in den nächsten 10 Jahren zu vergrößern und zu vernetzen. Dabei ist eine großräumige extensive Beweidung ein möglicher Weg zur dauerhaften Offenhaltung des Weinbergs. (Quelle: TLBG 2022)

Führung am Weinberg im Rahmen der Rhöner Biosphärenwochen 2025 „Raus ins Grüne - Deine Biosphäre neu entdecken“

Am Donnerstag, den 24.04.2025 boten Corinna Hoßfeld und Johannes Urban vom Projektteam des Naturschutzgroßprojektes (NGP) "Thüringer Kuppenrhön" gemeinsam mit dem Gebietsbetreuer des Grünen Bandes, Abschnitt Rhön, Ralf Hofmann, eine ca. zweistündige Führung zum Weinberg bei Unterweid an. Die Teilnehmenden konnten dabei viel über das Biosphärenreservat, das Naturschutzgroßprojekt sowie das Nationale Naturmonument „Grünes Band Thüringen“ im Allgemeinen erfahren sowie die vielfältigen Lebensräume am Weinberg mit ihren Tier- und Pflanzenarten vor Ort erleben. Darüber hinaus erhielten die Teilnehmenden spannende Einblicke in die Geschichte der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

Zur Hochzeit des Frühlings Ende April, wenn sich die Natur entfaltet, hat es einen ganz besonderen Reiz, diesen markanten Rhöner Bergrücken über verschlungene Pfade durch blühende Schlehen- und Weißdorngebüsche zu erklimmen. Der kurze, steile Anstieg wird dabei durch eine herrliche Aussicht in die umliegende Kuppenrhön belohnt. Dieses Erlebnis wurde durch den anhaltenden, aber für die Natur lang ersehnten Regen an diesem Tag kaum getrübt.

Naturschutzfachlich herausragend sind die mit Felsbändern und Kalkschotter durchsetzten artenreichen Magerrasenbiotope an den südwestexponierten Steilhängen des Weinbergs. So finden sich hier bei den Gefäßpflanzen alle Zielarten der Kalkmagerrasen und Wacholderheiden (Gewöhnliche Kuhschelle, Deutscher Enzian, Bienen-Ragwurz, Große Händelwurz und Stattliches Knabenkraut) in z.T. guten Beständen. Wenig erstaunlich ist daher auch die enorme Vielfalt an Tierarten am Weinberg, insbesondere bei der Tagfalterfauna (> 40 Arten) und die bemerkenswert hohe Dichte des Neuntöters, einer Singvogelart, die erst spät im Frühjahr wieder aus dem Winterquartier zurückkehrt und daher bei der Führung noch nicht angetroffen werden konnte.

Am Aussichtspunkt des Weinbergs befindet sich ein historischer Grenzturm, der bis 1989 als Führungsstelle der DDR-Grenztruppen diente. Er war mit Signal- und Kommunikationsanlagen zur Überwachung des Grenzabschnitts rund um Unterweid ausgestattet. Die kürzliche Sanierung und ökologische Aufwertung des Bauwerks erfolgte im Rahmen der Förderung „Investive Projekte zur Nachhaltigen Entwicklung in den Nationalen Naturlandschaften Thüringens“ seitens des Thüringer Umweltministeriums. Dabei wurden auch die Vögel und Fledermäuse nicht vergessen. Rund um den Turm wurden Nistkästen für Gebäudebrüter (Dohle, Turmfalke, Sperlinge) sowie Fledermauskästen angebracht.

Am Fuße des Weinbergs erinnert zudem eine Infotafel an den geschleiften Ort „Hintere Mühle“, der wie viele weitere grenznah gelegene Höfe während der DDR-Zeit Anfang der 1950er zwangsweise geräumt und abgerissen wurde.

Ganz besonders bereicherte ein Teilnehmer aus Hilders die Gruppe durch seine Zeitzeugenberichte als ehemaliger Grenzbeamter in der Region im damaligen Westdeutschland.

Um einige Eindrücke und Erkenntnisse reicher und mit dem ein oder anderen nassen Schuh kam die Gruppe nach gut zwei Stunden wieder am Ausgangspunkt an.